20. Mai ist Weltbienentag

Frühlingserwachen im Bienenstock

Wenn im Frühling die ersten Sonnenstrahlen die Natur wecken, beginnt auch das Summen im Bienenstock. Die Honigbienen sammeln Pollen und Nektar von Wiesen und Bäumen – jetzt läuft das Volk zur Hochform auf.

„Die Biene ist nicht nur wichtig für die Landwirtschaft. Sie ist auch ein Vorbild für Zusammenarbeit und Anpassung“, sagt Hans-Ruedi Weber, Präsident des Bienenzüchtervereins Schaffhausen.

Das Bienenjahr beginnt im Herbst

Der Zyklus eines Bienenvolks richtet sich nach der Natur, nicht nach dem Kalender. Er beginnt im Herbst, wenn das Blühen aufhört. Dann lagern die Bienen Vorräte ein und bereiten sich auf den Winter vor.

„Ein Volk braucht im Winter, ohne Brut, rund ein Kilogramm Honig pro Monat. Gibt es Brut, kann der Bedarf auf drei Kilo steigen“, erklärt Beatrice Weber, Kursleiterin. Im Winter umfasst ein Volk 10’000 bis 15’000 Bienen – im Juni sind es bis zu dreimal so viele.

Ab Frühling blühen erste Weiden, die Bienen fliegen wieder aus. Auch die Königin wird aktiv: „Ab April legt sie bis zu 2'000 Eier pro Tag – je nach Futterangebot“, so Hans-Ruedi Weber. Drei Wochen später schlüpfen täglich ebenso viele Jungbienen.

Schwärmen: Wenn das Volk zu gross wird

Wächst das Volk stark und folgt eine Regenperiode, kann das zu Platzmangel führen. Dann droht das Volk zu schwärmen. „Wenn nach Tagen Regen plötzlich die Sonne scheint, kann das eine regelrechte Explosion auslösen – sie müssen raus“, sagt Beatrice Weber.

Erfahrene Imker greifen ein, bevor es so weit kommt: „Wir teilen das Volk gezielt. So vermeiden wir einen unkontrollierten Auszug und können neue Völker aufbauen“, erklärt Hans-Ruedi Weber. Diese „Ablegerbildung“ ist Teil einer aktiven Völkerführung.

Die Magie des Schwarms

Trotzdem kann es zum Schwärmen kommen. Dann läuft alles nach Plan: Das Volk zieht eine neue Königin heran, indem es eine Made nur mit Gelee Royal füttert. Während diese noch reift, fressen sich die Flugbienen mit Honig voll.

Dann verlässt die alte Königin mit einem Teil des Volkes den Stock. Die Schwarmtraube setzt sich meist an einem Ast oder Mauervorsprung ab. „Viele erschrecken sich, aber: Diese Bienen sind friedlich. Sie verteidigen keinen Stock“, beruhigt Hans-Ruedi Weber.

Erfahrene Spurbienen suchen nach einem neuen Zuhause. Dabei entscheiden sie demokratisch, welcher Ort der beste ist. „Die Königin hat bei der Wohnungssuche übrigens nichts zu sagen“, meint Beatrice Weber schmunzelnd.

Doch die Natur ist hart: „Nur einer von zehn Schwärmen überlebt ohne menschliche Hilfe“, so Hans-Ruedi Weber.

Hilfe vom Imker

Wird ein Schwarm entdeckt und gemeldet, helfen lokale Imker:innen rasch: „Die Trauben lassen sich gut einfangen. Meist füttern wir das neue Volk gleich, damit es einen sicheren Start hat“, erklärt Beatrice Weber.

Honig: Nahrung, Medizin und Luxus

Ein Bienenvolk produziert im Jahr rund 100 Kilogramm Honig – aber nur etwa 20 Kilogramm davon können entnommen werden. Der Rest bleibt als Nahrung für das Volk.

Honig ist mehr als Süsse: Er wirkt entzündungshemmend, antibakteriell und heilungsfördernd. „Gerade im Winter steigt der Verkauf deutlich – viele greifen bei Erkältung oder zur Stärkung zu lokalem Honig“, sagt Beatrice Weber.

Die Honigernte 2024 war geschmacklich vielfältig, aber wetterbedingt gering. Der viele Regen führte zu einem dunkleren Honig. Die Imker mussten mit Zuckersirup zufüttern, um die Wintervorräte zu sichern.

Ein klar geregeltes Bienenleben

Vom Schlüpfen bis zum Lebensende hat jede Arbeiterin Aufgaben: Erst Putzbiene, dann Amme, Baubiene, Wächterin, Sammelbiene oder Wasserträgerin. Die letzten Aufgaben sind die härtesten – viele sterben bei der Wasserversorgung.

Drohnen, die männlichen Bienen, haben nur eine Aufgabe: die Königin zu begatten. Doch auch sie erfüllen eine soziale Rolle. „Ein Volk mit zu wenigen Drohnen ist oft unruhig und aggressiv“, erklärt Hans-Ruedi Weber.

Was jeder tun kann

Wildwuchs statt Kunstrasen: Schon kleine Veränderungen helfen Insekten. 70 Prozent der Wildbienen nisten im Boden – Rasenroboter, Folien und sterile Beete zerstören ihren Lebensraum.

„Man sieht es sofort, wenn man durch ein Quartier geht: Wo es summt, ist es insektenfreundlich“, sagt Hans-Ruedi Weber. Und Beatrice Weber ergänzt: „Jede Blume zählt.“